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Warum soll ich während einer oralen Krebstherapie keine Grapefruit essen?

Viele von Ihnen haben vermutlich bereits gehört, dass Sie während der Medikamenteneinnahme auf Grapefruit und Grapefruitsaft verzichten sollten. Aber warum eigentlich?

Der Grund dafür sind bestimmte Inhaltsstoffe der Grapefruit – Furanocumarine und Naringin. Diese Stoffe hemmen im Dünndarm Enzyme, die am Abbau vieler Medikamente beteiligt sind. Dies betrifft auch diverse oral eingenommene Chemotherapeutika und Immunsuppressiva, die z.B. nach einer Stammzellentransplantation eingenommen werden müssen.

Bei einigen Medikamenten führt die Blockierung der Enzyme dazu, dass größere Mengen des Wirkstoffs aufgenommen werden, als gewünscht – das Medikament wird also überdosiert. Das kann zum Teil schwerwiegende und lebensbedrohliche Nebenwirkungen auslösen.

Doch auch der umgekehrte Fall kann eintreten: Manche Medikamente brauchen die blockierten Enzyme, um wirken zu können. Diese Medikamente werden also in ihrer Wirkung geschwächt oder ganz wirkungslos.

Um diese Effekte auszulösen, kann schon ein einziges Glas Grapefruitsaft (200 ml) ausreichen! Die Enzyme bleiben davon dann mehrere Tage lang gehemmt und sind frühstens nach 3 Tagen wieder vollständig hergestellt. Es bringt also nichts, Grapefruitprodukte zeitversetzt zu den Medikamenten einzunehmen.

Verzichten Sie deshalb während der gesamten Dauer einer oralen Krebstherapie auf alle Arten von Grapefruits und Grapefruitsaft, um mögliche unerwünschte Nebenwirkungen oder einen Wirkverlust Ihrer Medikamente zu vermeiden. Bedenken Sie, dass auch in Multivitaminsäften oder Marmeladen Grapefruit enthalten sein kann.

Wenn Sie eine Chemotherapie über die Venen (intravenös) verabreicht bekommen, halten Sie am besten Rücksprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob sie auf Grapefruit verzichten müssen. Da die meisten Patienten jedoch zusätzlich noch weitere Medikamente oral einnehmen, die möglicherweise Wechselwirkungen mit Grapefruit haben können, sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie ebenfalls auf Grapefruit verzichten oder sich die Beipackzettel Ihrer Medikamente genau durchlesen.

Darf ich Ananas, Pomelo & Co essen?

Für Pampelmusen/Pomelos, Pomeranzen (Bitter- oder Sevilla-Orangen) und Clementinen gibt es Hinweise auf eine ähnliche enzymhemmende Wirkung. Sie sollten daher auch auf diese Zitrusfrüchte verzichten, wenn Ihre Medikamente Wechselwirkungen mit Grapefruit aufweisen.

Die gleichzeitige Einnahme von bestimmten Medikamenten mit Orangensaft und Apfelsaft kann möglicherweise die Aufnahme aus dem Darm vermindern. Dies wurde in Studien bei einzelnen Medikamenten zur Blutdrucksenkung und Antihistaminika nachgewiesen. Diese Medikamente sollten nicht zeitgleich mit Säften eingenommen werden, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden. Eine zeitverzögerte Einnahme mit einem Abstand von mind. 4 Stunden ist daher empfehlenswert.

In Zellstudien hat auch Ananassaft die Aktivität von bestimmten Enzymen gehemmt, die am Abbau diverser Medikamente beteiligt sind. Es gibt noch zu wenige Untersuchungen, ob sich dies auf den Menschen übertragen lässt, welche Medikamente betroffen sind und ob die Auswirkung auf den Medikamentenspiegel überhaupt relevant ist. Empfehlungen lassen sich daher zum derzeitige Zeitpunkt nicht ableiten.

Was bedeutet das für die Praxis?

  • Verzehren Sie keine Grapefruit, Pomelo und Pomeranzen, während einer oralen Krebstherapie.
  • Lesen Sie immer die Packungsbeilage Ihrer Medikamente und verzichten sie auf die dort erwähnten Lebensmittel/Getränke, die Wechselwirkungen hervorrufen können.
  • Achten Sie grundsätzlich auf die Angaben auf den Beipackzetteln bezüglich Einnahmezeit und Wechselwirkungen.
  • Nehmen Sie Medikamente sicherheitshalber nicht zeitgleich mit Fruchtsäften ein.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, wenn Unsicherheiten bestehen.

Quellen:

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Erstellt am: 6. Mai 2019
Nächste geplante Aktualisierung: 2022

Autorin: Carina Eckhardt, M.Sc. Diätologin
Recherche, Qualitätssicherung und Inhaltliche Freigabe: Nicole Erickson, M.Sc. Ernährungswissenschaftlerin, Diätassistentin
Redaktion und didaktische Überarbeitung: Sandra Neubauer, Anne Blumers