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Essen für die Seele

“Essen hält Leib und Seele zusammen” – das ist eine alte Volksweisheit. Essen ist nicht nur für unseren Körper wichtig, sondern auch für unsere Seele. Essen bringt uns mit lieben Menschen zusammen, es strukturiert unseren Tagesablauf, ist ein wichtiger Teil unserer Kultur und Identität, es bringt Genuss und Freude. Einzelne Gerichte und Lebensmittel können uns auch Trost spenden, entspannen und ein wohliges Gefühl geben. In diesem Artikel geht es darum, wie Sie auch während einer Krebserkrankung “für die Seele” essen können.

Ernährung soll von nun an vor allem eines für Sie sein: eine Freundin, die Ihnen auf dem Weg durch die Erkrankung zur Seite steht. Die Ihrem Körper und Ihrer Seele Kraft spendet. Auf keinen Fall sollte sie ein weiterer Stressfaktor oder gar ein Feind sein, der Ihnen Schuldgefühle macht und Sie unter Druck setzt. Sie haben mit der Krankheit Krebs bereits genug zu tun! Und auch aus medizinischer Sicht sind Schuldgefühle beim Essen unnötig.

Auf der körperlichen Ebene kann Ernährung in jeder Phase der Erkrankung dazu beitragen, die Gesamtsituation Ihres Körpers und damit die Wirkung Ihrer medizinischen Therapien und Ihre Lebensqualität zu verbessern! (Mehr dazu lesen Sie hier.) Auf der psychischen Ebene kann Essen Kraft geben, Freude und Trost spenden, Auszeiten schenken und Sie weiter mit lieben Menschen verbinden.

Wichtig: Ein bestehender Tumor kann durch Ernährung nicht direkt beeinflusst oder geheilt werden. Was Sie essen, lässt den Tumor weder wachsen noch schrumpfen! Auch wenn man leider oft das Gegenteil hört. Sie brauchen sich also weder das Naschen zu verbieten noch müssen Sie sich dazu zwingen, vermeintlich “gesunde” Lebensmittel zu essen, die Ihnen gar nicht schmecken.

Es gilt jetzt: Was Ihr Körper gerade braucht und verträgt und was Ihnen Freude bringt ist “gesund”!  Das kann auch mal das genaue Gegenteil davon sein, was allgemein als gesund gilt (mehr dazu lesen Sie hier.). Lassen Sie sich davon nicht verunsichern und haben Sie kein schlechtes Gewissen beim Essen! 

Wenn Sie bemerken, dass Sie sich trotzdem über einzelne Lebensmittel Sorgen machen oder Sie befürchten, dass Sie sich mit der ein oder anderen Gewohnheit schaden, dann melden Sie sich gerne bei uns und unsere Expertinnen schauen, ob wirklich Grund zur Sorge besteht. Wir sprechen auch gerne mit Ihren Angehörigen und Freunden, wenn diese sich um Ihre Ernährungsgewohnheiten Sorgen machen und das zu Konflikten führt.

Essen hat viel mit Ritualen zu tun. Besonders im Kreis der Familie ist das gemeinsame Essen oftmals Mittelpunkt des Familienalltags. Aber auch wenn wir allein sind, strukturiert das Essen oft unseren Tag und wir haben feste Gewohnheiten, wann wir welche Speisen essen. 

Diese Rituale können und sollten auch während einer Erkrankung, wenn möglich, beibehalten werden. Rituale geben uns Bedeutung, Struktur und können eine wichtige Kraftquelle sein.

Anpassungen an Einschränkungen während der Erkrankung

Während der Erkrankung kann sich im Bereich der Ernährung viel verändern: Hunger und Appetit können ausbleiben, Beschwerden können die Lebensmittelauswahl einschränken, Geschmacksveränderungen führen dazu, dass einem eigentlich gern gegessene Speisen nicht mehr schmecken. 

In der Familie / in Gesellschaft:

  • Bleiben Sie flexibel, wenn Sie nicht das Gleiche oder die gleiche Menge wie die anderen essen können. Bei der gemeinsamen Mahlzeit kann der Fokus auch auf dem Zusammensitzen, der Unterhaltung und der gemeinsam verbrachten Zeit liegen. 
  • Bei Appetitlosigkeit kann es sogar hilfreich sein, wenn Sie ganz nebenbei immer wieder einen Bissen essen, aber Ihre Aufmerksamkeit gar nicht so sehr auf Ihrem Essen, sondern auf den Menschen liegt, mit denen Sie essen. 
  • Sprechen Sie einmal offen in Ihrer Familie darüber, dass Sie nicht immer vorhersehen können, wann Sie auf welche Lebensmittel und Gerichte Lust haben und wie viel Sie jeweils essen können. Das reduziert Druck und falsche Erwartungen.
  • Sprechen Sie auch darüber, wenn es zu Konflikten mit festen Regeln in Ihrem Haushalt kommt und machen Sie z.B. auch Kindern klar, dass die Regeln für Sie aktuell anders sind. z.B. man muss den Teller leer essen, man trinkt nur Wasser zum Essen (wenn für Sie aber gerade energiereiche Getränke wichtig sind), man isst Lebensmittel XY nicht zum Frühstück / Mittag / Abendessen etc. 
  • Beobachten Sie, ob es während der gemeinsamen Mahlzeiten Dinge gibt, die Ihnen Druck oder Stress erzeugen. Versuchen Sie zu ergründen, woher diese negativen Gefühle kommen: Haben Sie falsche Erwartungen an sich selbst? Haben andere falsche Erwartungen? Spielen besondere Sorgen eine Rolle? Fühlen Sie sich als Außenseiter oder Spielverderber, oder ist es Ihnen peinlich, wenn Sie nicht das Gleiche essen können, wie die anderen oder wenn Ihnen plötzlich etwas nicht mehr schmeckt?  

Allein: 

  • Welche Rituale beim Essen (Essenszeiten, besondere Speisen für besondere Situationen, etc.) sind Ihnen wichtig? Vieles davon lässt sich auch beibehalten, wenn sich verändert was sie essen oder wie viel Sie essen können. 
  • Beobachten Sie, wo Ihnen alte Regeln das Essen vermiesen. Man muss z.B. den Teller nicht leer essen, man darf auch mehrmals täglich von einem Hauptgericht essen, man darf Spaghetti auch zum Frühstück essen, wenn man da den größten Hunger und Appetit hat, man muss nicht alles selbst kochen, wenn man keine Energie und keine Lust hat etc. 

Wenn Einschränkungen beim Essen bestehen, kann der Fokus auch auf das Drumherum gerichtet werden: Auf das Einkaufen auf dem Markt oder in Läden, die man gerne hat. Auf einen schön angerichteten Teller oder einen schön gedeckten Tisch; eine schöne Atmosphäre. Diese Dinge können das Essen attraktiver und besonderer machen – auch wenn es z.B. “nur” eine Karottensuppe gegen Verdauungsprobleme ist. 

Viele Menschen haben ein bestimmtes Gericht, das die Mutter oder Großmutter gekocht hat, wenn man traurig war. Diese Gerichte haben einen ganz besonderen emotionalen Wert und können in Zeiten der Erkrankung Kraft und Trost spenden.

Idee: Kochen Sie sich (oder lassen Sie kochen!) Ihr Lieblingsgericht in einer größeren Menge vor und frieren Sie Portionen davon ein. Dann haben Sie es schnell verfügbar, wenn Sie es einmal besonders dringend brauchen.

Wichtig: An den Tagen rund um eine Chemotherapie sollten Lieblingsgerichte gemieden werden. Wenn durch die Chemo Übelkeit auftritt, kann es sonst sein, dass die Übelkeit mit dem Lieblingsgericht verknüpft wird und man es später nicht mehr essen kann. 

  • Wenn es Ihnen möglich ist, telefonieren Sie ab und zu während des Abendessens mit Ihrer Familie. So können Sie sowohl für Ihre Familie als auch für sich selbst das Ritual aufrechterhalten und gemeinsam ein wenig Normalität spüren.
  • Lassen Sie sich von Familie oder Freunden etwas mitbringen, was Sie sehr gern essen (siehe Lieblingsgerichte) oder was sie oft zusammen essen (z.B. ein Stück Kuchen gemeinsam mit der Freundin am Nachmittag).
  • Wenn das Klinik-Essen nicht schmeckt und nicht glücklich macht: Lieferdienste liefern auch in die Klinik! Man kann auch mit anderen Patient:innen zusammen etwas bestellen. In Gemeinschaft schmeckt es vielleicht gleich noch besser. 
  • Menschen motiviert es, Ziele zu haben! Dies können Sie auch auf das Essen oder auf bestimmte Gerichte in der Zukunft beziehen. Planen Sie einen Abend mit Freunden, an dem ihr Lieblingsgericht gekocht wird. Überlegen Sie sich ein leckeres Kuchenrezept, das Sie unbedingt backen möchten, wenn es Ihnen besser geht. Visualisieren Sie eine Feier mit vielen Köstlichkeiten, die es dann geben wird. Allein die Vorstellung daran und die Vorfreude kann Ihre Stimmung heben.
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Psychoonkologie

Psychoonkologie  bezeichnet die psychologische Betreuung von Krebspatient:innen. Eine weitere Bezeichnung ist Psychosoziale Onkologie. In den meisten Krebszentren finden Sie eine psychosoziale Beratungsstelle und auch außerhalb der Kliniken gibt es Beratungsstellen und niedergelassene Psychoonkologen, die Sie unterstützen können. 

Wann wende ich mich an die Psychoonkologie? 

Grundsätzlich ist immer ein guter Indikator: „Will ich professionelle Unterstützung?“ „Brauchen“ ist immer relativ. Sie selbst sollten sich austauschen wollen, kein anderer kann und sollte für Sie entscheiden, ob Sie Unterstützung in Anspruch nehmen wollen.

Folgende Themen können Ihnen helfen, Ihren Bedarf selbst einzuschätzen. 

  • Bestimmte Themen beschäftigen Sie immer wieder und bringen Sie ins Grübeln
  • Sie haben Fragen und Sorgen in Bezug auf Ihre Krankheitsbewältigung
  • Ihre Ängste/Sorgen in Bezug auf die Erkrankung beeinträchtigen Sie mehr als die eigentliche Erkrankung selbst (z.B. stundenlange Recherchen über die Erkrankung, Besuche bei „Heilern“ o.Ä.) und alltägliche Sachen/ Dinge, die Sie gerne machen, bleiben auf der Strecke
  • Sie fühlen sich von Ihrem Umfeld nicht verstanden 
  • Ihr Leben wird ausschließlich von der Krankheit bestimmt (auch in behandlungsfreien Phasen/ Phasen, in denen es Ihnen „gut“ geht) und Sie das ändern möchten
  • Sie haben familiärere Probleme (z.B. Umgang mit Ihrem Partner oder Ihren Kindern)
  • Sie haben emotionale Probleme (Sorgen, Ängste, Traurigkeit, Depression, Nervosität)
  • Sie haben spirituelle / religiöse Belange (in Bezug auf Gott, Verlust des Glaubens)
  • Sie haben körperliche Probleme (Schmerzen, Übelkeit, Erschöpfung, Schlaf, äußeres Erscheinungsbild, Essen/Ernährung, sexuelle Probleme o.Ä.) 

 Eine Psychotherapie geht über die Beratung hinaus, die während des stationären Aufenthalts in der Klinik oder in ambulanten psychosozialen Krebsberatungsstellen möglich ist: Sie bietet regelmäßige Gespräche – bei Bedarf auch über einen längeren Zeitraum

 

Wie finde ich einen Psychoonkologen / eine Psychoonkologin?

  • Das Behandlungsteam der Klinik kann für Sie psychoonkologische Unterstützung anfordern. 
  • Termine in ambulanten psychosozialen Krebsberatungsstellen oder psychoonkologischen Praxen können von Ihnen persönlich vereinbart werden.

Was tun, wenn man keine/n AnsprechpartnerIn in der näheren Umgebung findet? 

  • Manche Beratungsstellen bieten auch online oder telefonisch Sprechstunden an, sodass Sie Termine von zuhause aus wahrnehmen können. 
  • Auch der Krebsinformationsdienst unterstützt Sie telefonisch bei der Suche im Verzeichnis oder hilft, andere Unterstützungsmöglichkeiten zu finden:

täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr, unter 0800 – 420 30 40 (kostenlos).

  • Auch die regionalen Krebsberatungsstellen oder psychoonkologische Dienste in Kliniken können häufig bei der Suche nach einer psychotherapeutischen Begleitung in Wohnortnähe behilflich sein.
  • Außerdem können sich Patienten bei ihren behandelnden ÄrztInnen, der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung oder ihrer Krankenkasse nach TherapeutInnen erkundigen. Dabei können auch PsychotherapeutInnen ohne psychoonkologische Spezialisierung gute Ansprechpartner sein.




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Wenn Essen Beziehungen belastet

Essen bringt Menschen zusammen. Beim gemeinsamen Essen in der Familie, dem Grillabend mit Freunden, bei Feiern und Festen – überall spielt das Essen eine zentrale Rolle. Essen strukturiert den Tag. Gegessen wird auch zur Stressbewältigung oder zur Belohnung.

Wenn man plötzlich nicht mehr so essen kann, wie gewohnt, können auch Beziehungen darunter leiden. Oder wenn Angehörige und Patient:innen verschiedene Ansichten haben, was nun gegessen werden sollte und was nicht.

In diesem Text haben wir gemeinsam mit Psychoonkologinnen des Vereins Lebensmut e.V. ein paar Strategien zum Umgang mit typischen Konflikten beim Thema Essen zusammengestellt. 

Empfehlungen für Patient:innen

Sie haben keinen Appetit und können nur wenig essen. Ihre Angehörigen und Freunde drängen Sie aber immer wieder dazu, mehr zu essen und betonen auch, wie wichtig das ist. Sie können aber einfach nicht mehr essen.

Was können Sie tun?

  • Appetitlosigkeit und ungewollter Gewichtsverlust sind während einer Krebserkrankung sehr häufig. Und es stimmt leider auch, dass es für den Krankheitsverlauf sehr wichtig ist, den ungewollten Gewichtsverlust zu stoppen. (Ein Erklärvideo und weitere Informationen dazu finden Sie im Artikel “Was essen bei Gewichtsverlust.“).
  • Wenn sich Ihre Angehörigen oder Freunde also um Ihren Gewichtsverlust Sorgen machen, so ist das berechtigt. Aber wenn Sie wegen Beschwerden oder Appetitlosigkeit nur wenig essen können, dann hilft es nicht, wenn Sie zusätzlich unter Druck gesetzt werden. Sprechen Sie darüber mit Ihren Angehörigen und Freunden und sagen Sie, dass es Ihnen nicht weiter hilft, wenn Sie zum Essen gedrängt werden. 
  • Einfach mehr zu essen, funktioniert meistens nicht. Es gibt aber eine ganze Reihe Empfehlungen, die für viele Betroffene gut funktionieren. Diese finden Sie in unseren Artikeln “Was essen bei Gewichtsverlust” und “Was essen bei Appetitlosigkeit“.
  • Wenn die Empfehlungen nicht helfen, oder Sie alleine nicht wissen, wo Sie anfangen sollen, dann wenden Sie sich gerne an unsere telefonische Fernbegleitung. Unsere Ernährungsexpertinnen unterstützen Sie dann ganz individuell und kostenlos dabei, Beschwerden zu lindern und trotz Appetitverlust und Einschränkungen Ihrem Körper ausreichend Energie und Nährstoffe zu geben. Es kann sehr entlastend für Sie und Ihre Familie sein, wenn Sie sich in professionelle Hände begeben. 

Vielleicht kommt Ihnen die ein oder andere der folgenden Situaitonen bekannt vor:

  • Ihre Essensvorlieben ändern sich häufig.
  • Sie können vorher nicht sagen, ob Ihnen etwas schmecken wird oder ob Sie viel oder wenig von einer Speise essen können.
  • Manchmal haben Sie im einen Moment Appetit auf etwas und wünschen sich, dass z.B. ein Familienmitglied Ihnen ein bestimmtes Lebensmittel besorgt oder etwas kocht, das können Sie dann aber doch nicht essen, etc.
  • Weil Sie nicht wissen, ob Sie es nachher essen können oder nicht, trauen Sie sich nicht mehr, nach den Speisen zu fragen, auf die Sie gerade Appetit haben.
  • Sie haben Angst, den anderen mit Essenswünschen zur Last zu fallen oder sie zu verletzen, wenn Sie etwas nicht essen, was für Sie zubereitet oder besorgt wurde.
  • Es tut Ihnen leid, wenn Sie etwas nicht essen können, das Ihnen Besucher:innen als nette Geste mitgebracht haben.
  • Es fällt Ihnen ganz allgemein schwer, Hilfe beim Kochen, Einkaufen etc. anzunehmen.

Was können Sie tun?

  • Reden Sie mit Angehörigen und Freunden darüber, was für Sie schwierig ist.
  • Je mehr Sie Ihren Angehörigen von sich und Ihren aktuellen Schwierigkeiten mitteilen, desto einfacher wird es erfahrungsgemäß für diese sein, Sie zu verstehen. Meistens sind die Gesten, Tipps und Ratschläge der Angehörigen sehr liebevoll und gut gemeint. Wenn Andere nicht wissen, wie Sie das aktuell wahrnehmen, ist es schwierig, das Verhalten zu unterlassen oder zu verändern. Erklären Sie Ihren Angehörigen daher (wenn möglich) möglichst genau, welche Probleme Sie aktuell haben. Und sagen Sie Ihnen, was Sie sich von Ihnen wünschen würden oder was Ihnen helfen würde. In den meisten Fällen werden sie Ihnen dankbar sein, weil sie gerne helfen möchten.
    • Beispiel: Nicht nur sagen „Mir wird von deinem Essen schlecht.“ Sondern „Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast. Durch die Chemo ist mir nur leider oft übel und ich vertrage nur wenige Lebensmittel. Ich würde mir für nächstes Mal xy wünschen.“
  • Versetzen Sie sich in die Rolle Ihrer Familienmitglieder oder Freunde. Wie wäre es für Sie, wenn Sie einen lieben Menschen hätten, der mitten in der Krebsbehandlung steckt und daher mehr Unterstützung braucht und Appetit und Geschmack nicht gut vorhersehen kann? Fänden Sie das schlimm oder hätten Sie Verständnis? Was bräuchten Sie als Freund / Freundin der Patientin / des Patienten, um gut mit der Situation umgehen zu können?
  • Die meisten fänden die Situation in der anderen Rolle gar nicht so schlimm, oder bräuchten nur eine Erklärung der Beschwerden, oder wie es sich anfühlt, wenn sich der Appetit ständig wandelt.
  • Ihre Krebserkrankung löst auch in Ihren Angehörigen und Freunden Ängste und Gefühle von Hilflosigkeit und Machtlosigkeit aus. Viele von Ihnen freuen sich deshalb, wenn Sie ganz konkret etwas für Sie tun können. Scheuen Sie sich also nicht um konkrete Hilfestellungen zu bitten: Einkäufe machen, etwas für Sie (vor-)kochen, den Abwasch machen etc. Statt zur Last zu fallen, geben Sie Ihren Lieben so die Möglichkeit, aktiv zu werden und einen Schritt aus ihrer Hilflosigkeit herauszukommen.
  • Auch für Gerichte, Lebensmittel und Getränke, die Sie aktuell gut vertragen und gerne essen, können Sie eine Liste anfertigen und sie z.B. an Freunde oder Familie schicken. Dann wissen Sie, dass Sie nichts vorbeigebracht bekommen, was Sie aktuell gar nicht essen können. Gemeinsam können Sie dann überlegen, wie man mit diesen Lebensmitteln möglichst abwechslungsreich kochen kann.
  • Wenn Ihnen etwas gekocht oder mitgebracht wurde, auf das Sie in dem Moment keinen Appetit (mehr) haben, frieren Sie es ein. Sagen Sie zum Beispiel “Danke, das sieht super lecker aus. Leider habe ich gerade gar keinen Appetit. Das ändert sich im Moment häufig. Ich friere mir das aber ein und das ist dann eine große Erleichterung für mich, wenn ich das schnell verfügbar habe, wenn ich darauf Appetit bekomme.”
  • Anstatt den Fokus darauf zu legen, was aktuell alles nicht geht und was Sie alles nicht essen können, versuchen Sie zu überlegen, was alles geht und was sie essen können. Denken Sie dabei auch an Getränke.

  • Jeder Mensch darf auch mal schwach sein und Hilfe annehmen. Wenn das nicht geht, kann man sich fragen, warum nicht? Auch hier kann es helfen, sich gemeinsam mit Psychotherapeut:innen oder Psychoonkolog:innen zu überlegen, wo das herkommen könnte. Was stecken für eigene Überzeugungen und Glaubenssätze (z.B. aus der Kindheit) dahinter?
    Mit professioneller Unterstützung kann der Zugang zu diesen Überzeugungen evtl. leichter gefunden werden. Im nächsten Schritt kann eine Um- oder Neubewertung vorgenommen werden. Ist es tatsächlich so? Ist es immer so?
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Sie haben Beschwerden beim Essen, die Ihnen unangenehm sind. Vielleicht müssen Sie öfters zur Toilette, Sie können nur noch ganz kleine Portionen essen, Sie wissen vorher nicht, was und wieviel vom Essen Sie wirklich runter bekommen, ob und was Ihnen wirklich schmeckt oder Sie können nur noch sehr langsam essen. Sie essen deshalb nicht mehr so gerne in Gesellschaft und isolieren sich immer mehr.

Was können Sie tun?

  • Wie wäre es für Sie, wenn Sie eine Freundin / einen Freund hätten, der mitten in der Krebsbehandlung steckt und daher weniger essen kann, mehr Zeit benötigt, öfter zur Toilette muss? Fänden Sie das schlimm oder hätten Sie Verständnis? Was bräuchten Sie als Freund / Freundin der Patientin / des Patienten, um gut mit der Situation umgehen zu können?
  • Es kommt sehr häufig vor, dass Patient:innen Angst haben, anderen durch ihre Beschwerden zur Last zu fallen oder sie zu verletzen. Wenn Sie sich dann aber vorstellen, in der anderen Position zu sein, fänden Sie es überhaupt nicht schlimm, wenn der oder die Krebsbetroffene weniger isst, andere Sachen mag oder länger braucht. Vielleicht bräuchte man dafür nur eine Erklärung, mehr nicht. 
  • Wenn Sie das Essen in Gesellschaft gerne vermeiden wollen, gibt es auch ganz praktische Lösungsmöglichkeiten, ohne den Kontakt zu anderen komplett meiden zu müssen: Sie kommen später dazu, wenn die anderen mit dem Essen fertig sind; Sie bringen sich selbst etwas mit, wenn das Problem die Speisenauswahl ist; Sie machen vorher schon klar, dass Sie nichts essen werden; Sie können auch gemeinsame Aktivitäten vorschlagen, die nichts mit Essen zu tun haben, usw.

Freunde oder Angehörige haben sich im Internet informiert und geben Ihnen ständig Tipps, welche Lebensmittel Sie nun ganz besonders oft essen sollen, oder welche Sie am Besten gar nicht mehr essen sollten. Sie wollen sich aber nicht so ernähren und es kommt dadurch zu Konflikten.

Das können Sie tun:

  • Ganz wichtig vorab: Während der Erkrankung ist das für Sie gesund, was Ihre Beschwerden lindert, was Sie gerade vertragen und was Ihnen schmeckt. Was Sie essen lässt den Tumor weder wachsen noch schrumpfen. (Mehr dazu im Artikel Essen für die Seele)
  • Bei ungewollten Ratschlägen können Sie sich kurz bedanken und gleichzeitig aber auch klar sagen, dass Sie sich melden, wenn Sie Tipps brauchen.
  • Ungewollte Ratschläge können Frustration und Enttäuschung auf beiden Seiten auslösen und führen Sie auf diese Weise eher vom Ziel weg.
  • Motivierte Angehörige und Freunde können leider oft nicht unterscheiden, ob eine Empfehlung wirklich seriös ist, oder nicht. Das Internet und die Bücherregale sind voll von Berichten zu Wunderdiäten und angeblich bahnbrechenden neuen Erkenntnissen, an denen aber nichts dran ist. Bitte lassen Sie sich durch diese Tipps nicht verunsichern.
  • Wenn Sie Fragen haben oder eine fundierte Meinung zu einem Ratschlag haben wollen, melden Sie sich gerne jederzeit bei uns. Unser Expert:innen-Team hilft Ihnen bei der Einordnung.
  • Es kann auch helfen, wenn Sie Ihren Freunden und Angehörigen einen Link zu unserer Webseite und zu unserer Broschüre schicken, die kompakt erklärt, worauf es während einer Krebserkrankung bei der Ernährung wirklich ankommt.

Empfehlungen für Angehörige und Freunde

Vielleicht kommt Ihnen eine der folgenden typischen Situationen bekannt vor:

  • Ihre betroffene Person hat kaum noch Appetit und isst nur sehr wenig. Sie machen sich Sorgen, aber Ihre Ermutigungen zum Essen helfen nicht.
  • Ihre betroffene Person mag nicht mehr die gleichen Sachen essen, wie früher. Das bringt Ihre Gewohnheiten und Abläufe durcheinander und bringt Stress in die Familie.
  • Sie haben Ihrer betroffenen Person ihr Lieblingsgericht gekocht oder etwas mitgebracht, das sie immer gerne gegessen hat. Sie isst dann aber gar nichts davon.
  • Ihre betroffene Person hat gesagt, dass sie auf XY Lust hat. Sie haben das extra gekocht oder besorgt und dann hat sie plötzlich keinen Appetit mehr darauf.
  • Sie haben im Internet gelesen oder gehört, was man bei einer Krebserkrankung ganz besonders viel essen soll oder vermeiden soll. Ihre betroffene Person befolgt Ihre Ratschläge aber nicht.

Hier ein paar Anregungen, wie Sie mit diesen Situationen umgehen können:

  • Gehen Sie achtsam miteinander um und haben Sie Geduld miteinander.
  • Reden Sie miteinander. 
  • Bevor Sie einfach Essen mitbringen, oder zubereiten, fragen Sie, was sich die betroffene Person gerade wünscht. Fragen Sie, ob überhaupt gerade etwas zu Essen ein gutes Mitbringsel ist, oder ob Sie auch anderweitig unterstützen können (z.B. einkaufen gehen, Erledigungen machen, Müll runterbringen etc.).
  • Wenn Sie für die Zubereitung der Mahlzeiten und Essensplanung bei Ihnen im Haushalt zuständig sind, seien Sie flexibel. Es ist normal, dass sich der Appetit und der Geschmack der Betroffenen verändern – teilweise auch von Stunde zu Stunde.
    • Anregungen, welche Lebensmittel bei welchen Beschwerden besonders gut vertragen werden, finden Sie im Bereich “Beschwerden lindern” auf dieser Seite.
    • Seien Sie pragmatisch. Worauf gerade kein Appetit besteht, kann eingefroren werden und vergrößert den Vorrat an schnell verfügbarem Essen, wenn Appetit aufkommt.
    • Weder Sie noch die betroffene Person können etwas dafür, wenn sich der Appetit plötzlich ändert. Sehen Sie die Mahlzeiten, die Sie zubereiten immer als Angebot.
  • Auch wenn es schwer fällt: Drängen Sie die betroffene Person nicht zum Essen. Druck erhöht die Wahrscheinlichkeit nicht, dass mehr gegessen wird.

  • Bevor Sie Ratschläge geben, fragen Sie, ob diese gewünscht sind. Stellen Sie außerdem sicher, dass Ihre Informationen aus einer seriösen Quelle stammen. Im Internet und leider auch in einigen Büchern finden sich häufig Fehlinformationen und falsche Versprechungen zum Thema Ernährung.

Weiterführende Links

Kennen Sie schon den Blauen Ratgeber “Hilfen für Angehörige” der Deutschen Krebshilfe? Er beleuchtet viele Aspekte, die für Angehörige und Freunde von Menschen mit Krebs wichtig sind und gibt Hilfestellungen für typische Herausforderungen.

Empfehlungen für Alle

Wenn man mit lieben Menschen über Sorgen und Gefühle spricht, fühlt man sich wahrscheinlich besser. Es fällt aber nicht immer leicht, über die eigenen Gefühle zu sprechen. 

Diese Anregungen können dabei helfen:

  • Reflektion:
    • Wie habe ich es in der Vergangenheit getan? Wann konnte ich mit xy immer gut sprechen? (z.B. beim Essen, im Park, während einer Autofahrt etc.)
    • Wenn mir das Sprechen schwer fällt, kann ich es vielleicht schriftlich besser in Worte fassen?
    • Hilft uns evtl. ein gemeinsames Gespräch bei einer Psychoonkologin oder einem Therapeuten?
  • Formulierung:
    • Welches Gefühl nehme ich aktuell wahr? Wenn kein konkretes Gefühl benannt werden kann, auf Körperempfindungen eingehen (Druck, Spannung, Enge etc. und das dazugehörige Körperteil)
      Wie fühle ich mich in einer konkreten Situation und was könnte an Bedürfnissen dahinterstecken? Was würde ich mir wünschen? Was brauche ich damit es mir besser geht?
    • Wenn all das nicht gelingen will: Warum fällt es so schwer über Emotionen zu sprechen? Was wird befürchtet?

Hier kann auch ein Gespräch mit Psychoonkolog:innen / Psychotherapeut:innen weiterhelfen