Die Weihnachtszeit steht vor der Tür, und mit ihr kommen die süßen Spezialitäten auf den Tisch: Plätzchen, Lebkuchen, Stollen und mehr. Doch gerade Menschen mit einer Krebserkrankung fragen sich oft: Darf ich Zucker überhaupt genießen? Schadet das nicht meiner Gesundheit oder gar dem Heilungsprozess? Die kurze Antwort lautet: Ja, Sie dürfen! Und noch mehr: Sie sollen die Weihnachtszeit genießen – ohne schlechtes Gewissen.
Der Mythos vom „Zucker für den Krebs“
Kaum ein Thema sorgt für so viel Unsicherheit wie Zucker. Denn ein weitverbreiteter Mythos lautet, dass Zucker Krebszellen „füttere“ und diese dadurch schneller wachsen. Diese Fehlinformation bezieht sich auf den sogenannten Warburg-Effekt: Er beschreibt, dass Tumorzellen besonders gerne Zuckermoleküle verstoffwechseln. Das tun allerdings fast alle Körperzellen – auch die gesunden! – denn so gewinnen sie effizient Energie.
Tumorzellen brauchen vergleichsweise viel Zucker, um Energie zu gewinnen. Daraus entsteht die Idee, man könne Krebszellen „aushungern“, wenn man keinen Zucker (Glukose) und keine Kohlenhydrate mehr isst. Doch das funktioniert aus zwei Gründen nicht:
Erstens: Selbst beim völligen Verzicht auf Kohlenhydraten fällt der Blutzuckerspiegel nie auf Null. Einige Körperzellen – etwa rote Blutkörperchen, Teile des Gehirns und des Immunsystems – können gar nicht ohne Glukose arbeiten. Der Körper stellt sie daher selbst her, unter anderem aus Eiweiß – oft auf Kosten der Muskelmasse. Einen echten „Zuckerentzug“ gibt es also nicht.
Zweitens: Tumorzellen können ihren Stoffwechsel anpassen. Wenn kaum noch Glukose zur Verfügung steht, nutzen sie einfach andere Energiequellen wie Fett und Eiweiß. Man kann sich die Krebszellen wie ungebetene Gäste vorstellen, die sich am Buffet immer zuerst bedienen. Wer Zucker streng meidet, hungert deshalb nicht den Tumor aus, sondern vor allem sich selbst.
Worauf es wirklich ankommt
Das eigentliche Problem vieler Krebspatient*innen ist nicht „zu viel“ Zucker, sondern zu wenig Energie. Gewichtsverlust, Muskelschwund und Mangelernährung verschlechtern die Prognose. Deshalb gilt das Prinzip: Jeder Bissen zählt.
Kalorienreiche Lebensmittel wie Kuchen oder Plätzchen sind in dieser Situation nicht schädlich, sondern wertvolle Energielieferanten. Besonders in Therapiephasen, in denen Appetitlosigkeit oder Geschmacksveränderungen den Alltag prägen, wenn Betroffene stark an Gewicht verlieren.
Damit unterscheiden sich die Ernährungsempfehlungen für akut erkrankte Menschen klar von denen für Gesunde. In der Prävention gilt: Zucker- und fettreiche Lebensmittel sollten maßvoll verzehrt werden, um Übergewicht zu vermeiden – ein Faktor, der das Risiko für verschiedene Erkrankungen erhöhen kann. Weihnachtsleckereien sind also auch für Gesunde kein Tabu – wie immer kommt es auf das richtige Maß an.
Süßes bei ungewollter Gewichtszunahme?
Einige Krebsarten, Therapien und Medikamente können auch dazu führen, dass Krebsbetroffene ungewollt an Gewicht zunehmen. Das kann sehr belastend sein. Zuckerreiche Lebensmittel wie Plätzchen haben natürlich viel Energie, aber komplett verboten sind sie deshalb keineswegs! Es kommt vielmehr auf die gesamte Energiebilanz an, also auf das Verhältnis zwischen aufgenommener Energie (in Form von Nahrung allgemein) und der vom Körper verbrauchten Energie. Und während der akuten Therapie braucht der Körper seine ganze Kraft! Die Empfehlung lautet also nicht Verzicht, sondern bewusster Genuss – zum Beispiel drei bis vier Plätzchen nach dem Essen als Dessert.
Genuss ist Teil der Therapie
Süßes ist also nicht per se „ungesund“. Wichtig ist: Was der Körper jetzt verträgt, was er braucht und was ihm guttut, ist richtig! Das kann dann eben auch mal genau das Gegenteil von dem, was allgemein als „gesund“ gilt.
Und von ebenso großer Bedeutung: Der Einfluss unserer Ernährung auf unser psychisches Wohlbefinden. Das Stück Stollen am Adventssonntag ist mehr als Zucker und Fett: Es ist ein Stück Normalität, Freude und soziale Teilhabe. Essen verbindet. Wer mit der Familie Plätzchen isst, stärkt auch sein seelisches Wohlbefinden – ein Faktor, der für Genesung und Lebensqualität eine wichtige Rolle spielt.
Kinder und Zucker – besondere Regeln?
Auch Eltern krebskranker Kinder stehen oft vor der Frage: Zucker verbieten oder erlauben? Besonders für krebskranke Kinder ist der im Internet und auf Social Media verbreitete Zucker-Mythos gefährlich. Denn Kinder im Wachstum brauchen viele Kalorien und Nährstoffe. Wer Kohlenhydrate streicht, zwingt den Körper, sich Energie aus Fett und Eiweiß zu holen – oft auf Kosten der Muskulatur. Die Folge: Das Kind verliert Gewicht und Kraft. Genau das aber soll in der Therapie verhindert werden! Lebensmittel – auch die süßen – sind jetzt also besonders wichtig.
Praktische Tipps für die Festtage
- Keine Angst vor Süßem: Plätzchen, Kuchen und Lebkuchen sind erlaubt – und können in Phasen der Appetitlosigkeit sogar hilfreich sein.
- Hilfe annehmen: Bitten Sie Verwandte oder Freunde, etwas für Sie zu backen. Oft möchten sie helfen, wissen aber nicht wie – so entsteht Freude auf beiden Seiten.
- Jeder Bissen zählt: Genießen sie ohne schlechtes Gewissen. Wichtig ist, genug Energie zu bekommen und den Körper zu stärken.
- Lebenskraft im Blick behalten: Essen ist nicht nur Nährstoffaufnahme, sondern auch Genuss, Trost und Gemeinschaft.
Fazit: Mit Genuss durch die Weihnachtszeit
Zucker ist kein „Krebstreibstoff“, sondern eine normale Energiequelle. Wer auf ihn verzichtet, hungert nicht den Tumor aus, sondern riskiert, sich selbst zu schwächen. Gerade in der Weihnachtszeit ist es wichtig, sich Freude zu gönnen – und das ohne schlechtes Gewissen.
Keine Angst vor Plätzchen! Menschen mit Krebs dürfen und sollen die Feiertage genießen. Essen ist mehr als Ernährung – es ist Lebensfreude, Kraftquelle und ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses.

